Montag, 5. September 2011

Karstadt am Ku'damm startet durch (wieder einmal)

Von Joachim Jacob

Offiziell als "Neueröffnung" deklariert, war es doch eher das Resultat eines Faceliftings und Teil der Neuorientierung im Karstadt Warenhauskonzern. Denn: Das renommierte Kaufhaus am Ku'damm wurde in den letzten Monaten zwar modernisiert und umstrukturiert, war jedoch während der gesamten Zeit NIEMALS geschlossen. Ich weiß das, weil ich jeden Tag mindestens zwei bis drei Mal das Kaufhaus durchquere.

Insofern erscheint mir der Begriff "Neueröffnung" eher als künstliches PR-Vehikel, um den Karstadt-Konzern ganz speziell in Berlin wieder mal medienträchtig ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken. Es kann aber auch sein, dass die Deklaration als "Neueröffnung" schlichtweg eine rechtliche Voraussetzung dafür war, Sonderangebote mit Rabatt anbieten zu können.

Ich kenne dieses Warenhaus seit der Wendezeit. Damals hieß es noch Hertie bei Wertheim.

Und ich gehörte zu jenen, die ganz spontan einen Rettungsaufruf der Karstadt-Mitarbeiter nach dem Crash der Arcandor Gruppe unterschrieben. Das gleiche tat ich wenig später für's KaDeWe. Denn ich will, dass beide Häuser auch weiterhin Bestandteil der City West bleiben.

So weit ich mich erinnern kann, begann es bei Karstadt am Ku'damm mit der Erneuerung der Rolltreppen. Es folgten Renovierungsarbeiten auf mehreren Etagen. Zweifelsfrei sind die Produkte jetzt besser präsentiert, konsequent ausgerichtet auf Labels. Doch vieles wurde einfach (wieder mal) nur umgeräumt. So sind jetzt Damen BHs dort positioniert wo vorher Herrenschuhe präsentiert wurden. Sorry: Man kann ein Kaufhaus umstrukturieren wie man will. Trotzdem bleibt es ein Kaufhaus. Doch gerade diesem Konzept scheint seit Jahren die Luft auszugehen.

Die einzige echte Neuerung, an die ich mich als angestammter Karstadt-Kunde erinnern kann, war die Umgestaltung des Untergeschosses zu "Perfetto" - einem Schlemmerparadies.

Ungeachtet dessen folgte die Prominenz der Einladung zur "Neueröffnung". Zur Neueröffnung am Mittwoch kam auch der Berliner Regierende Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) und Altkanzler-Gattin Doris Schröder-Köpf, die seit Januar im Aufsichtsrat der Kaufhauskette sitzt. Möglicherweise hat gerade sie sich diesen PR-Auftritt ausgedacht.

"Jünger und edler: So wird Karstadt aufgehübscht - Wowereit und Doris Schröder-Köpf eröffnen Karstadt-Umbau am Berliner Kudamm" titelte Bild in ihrer Ausgabe vom ...

Er freue sich, dass der US-Investor Nicolas Berggruen die Warenhauskette nach schwerer Krise wieder „in ruhiges Fahrwasser“ gebracht habe, sagte Wowereit gegenüber BILD Berlin. Und Schröder-Köpf legte nach: „Herr Berggruen ist ein Trauminvestor. Ich glaube, dass das Warenhaus in der Stadt Zukunft hat, nicht das Outlet auf der grünen Wiese. Karstadt tut ein Inhaber gut, der unabhängig von den Banken ist.“

Berggruen hatte im Oktober 2010 das damals insolvente Unternehmen übernommen.

Hintergrund:

Karstadt: Neuer Warenhaus-Auftritt in Berlin
TextilWirtschaft
Kirsten Reinhold

Mit der Eröffnung des umgebauten Karstadt-Hauses am Berliner Kurfürstendamm präsentieren die Essener jetzt den Prototyp ihres künftigen Auftritts. "Nach diesem Vorbild werden in den kommenden vier Jahren alle unsere 86 Warenhäuser umgestaltet. Bis Jahresende werden 22 weitere, in dieser Form modernisierte Filialen eröffnen", erklärt Andrew Jennings, CEO der Karstadt Warenhaus AG. Insgesamt wurden 3,8 Mill. Euro in den siebenmonatigen Umbau investiert, mit dem 16.000 der insgesamt 22.000m² Verkaufsfläche umgestaltet wurden.

"Dadurch hat sich der Fashion-Anteil von 40 auf mehr als 50% erhöht. Durch die Verdichtung des Home-Bereichs konnte eine weitere, zweite Etage für DOB gewonnen werden", erklärt Karstadts Chief Merchandise Officer Marco Schöner. Insgesamt wurden 54 neue Modemarken integriert, darunter sind exklusive Labels wie die US-DOB-Marke Walter, die erstmals auf dem europäischen Markt angeboten wird, deutschlandweit exklusive Brands wie die englische Schuhmarke Dune und junge Labels wie die Designerlinie Irene Luft sowie Trendmarken wie Herrlicher, Adenauer & Co und Desigual. Hinzu kommen neue Eigenmarken, deren Anteil von 33 auf 40% ausgebaut wurde. In den kommenden Tagen werden weitere Karstadt-Filialen in Frankfurt, Münster, München und Limburg nach dem Umbau wieder eröffnet.

Nach Angaben von Schöner wurden zehn Weltstadthäuser neu definiert. In Berlin, Dresden, Frankfurt, am Münchner Bahnhof, in der Hamburger Mönckebergstraße, Bremen, Nürnberg, Wiesbaden und Karlsruhe läuft derzeit ein Trading-up. Insgesamt werden in die Modernisierungs-Maßnahmen der Agenda Karstadt 2015 laut Jennings 400 Mill. Euro investiert.

Quelle

Nebenbei: Eine aktuelle Presseinformation zur "Neueröffnung" sucht man auf Karstadt's Website bisher vergebens.

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